Es mag zunächst widersprüchlich klingen, sich in die Haut zu stechen, um Narben zu reduzieren, aber tatsächlich haben Fachkosmetiker und Dermatologen die positiven Effekte in der Behandlung von Aknenarben und anderen Arten von Narben bereits vielfach beschrieben. Nicht jede Narbenart profitiert vom Microneedling. Dieser Artikel soll einen Überblick geben, welche Narben mit einem Dermaroller reduziert werden können und bei welchen eine Behandlung sogar schädlich wäre.
Was sind Narben und welche Arten von Narben gibt es?
Narbengewebe entsteht überall dort, wo sich Gewebe nicht mehr vollständig regenerieren kann. Am bekanntesten sind Narben auf der Haut. Große Wunden, die durch die normale Regeneration der Haut nicht geschlossen werden können, schließt der Körper durch die Bildung von Narben. In der Regel betrifft dies Wunden, welche größer als 5 mm sind.
Man unterscheidet die atrophen Narben und die hypertrophen Narben. Atrophe Narben entstehen, wenn das Gewebe darunter fehlt und nicht mehr regeneriert wurde. Das sind tiefere Narben als das sie umgebende Gewebe, bei denen oft auch die Haut dünner ist. Hypertrophe Narben sind erhabene Narben, bei denen das Narbengewebe gewuchert ist. Diese Narben sind deutlich tastbar und ragen über die oberste Hautschicht hinaus.
Gehören zu den atrophen Narben Aknenarben, Impfnarben und andere Folgen mechanischer Verletzungen, entstehen die hypertrophen Narben oft durch Verletzungen mit langfristiger Irritation der Haut, wie Verbrennungen und Verätzungen oder bei gestörter Regeneration der Haut, die zu Wucherungen führt.
Welche Narben können mit einem Dermaroller behandelt werden?
Ausschließlich die tieferen Narben, bei denen darunterliegendes Gewebe fehlt, können mit dem Dermaroller behandelt werden. Die Behandlung eignet sich dabei sowohl für die jüngeren als auch die älteren Narben. Sofern der Hautarzt nichts Gegenteiliges sagt, kann jede abgesenkte Narbe mit dem Dermaroller behandelt werden, also jede Narbe, die tiefer liegt, als Level 0.
Erhabene Narben sind pauschal von der Behandlung mit dem Dermaroller ausgeschlossen. Diese Narben sind durch Wucherungen im Gewebe entstanden und wenn dieses Gewebe erneut durch die mikrofeinen Nadeln verletzt wird, könnte es weiterwuchern. In dem Fall würde die Narbe nicht reduziert, sondern sogar vergrößert werden. Narben, die über die Oberhaut hinausreichen, sollten daher nicht durch einen Dermaroller oder chemische Peelings behandelt werden.
Wie wirkt das Microneedling mit dem Dermaroller?
Mikrofeine Nadeln (daher der Name Microneedling) stehen in die oberste Hautschicht ein und sorgen für mikroskopisch kleine Verletzungen. In der Regel sind diese viel zu klein, um sichtbar zu sein, zu bluten oder auch nur zu schmerzen. Aber sie sind groß genug, um den Körper zur Heilung anzuregen und die Durchblutung der Haut zu verstärken.
Die gesteigerte Durchblutung bringt mehr Nährstoffe in die Oberhaut sowie auch die darunterliegenden Hautschichten. Diese Nährstoffe unterstützen die Regeneration der Haut und stehen den Keimzellen für eine verstärkte Teilungsaktivität zur Verfügung. Das ist auch der Grund, warum gewuchertes Narbengewebe nicht geeignet ist: Wucherungen sind nichts anderes, als zu starke Teilungsaktivität der lebenden Hautzellen und wenn diese Aktivität noch weiter angetrieben wird, wächst die Wucherung nur.
Tieferliegende Narben hingegen, bei denen sich das darunterliegende Gewebe nicht mit regeneriert hat, profitieren von der Behandlung, da dort die Heilung quasi noch einmal beginnt und sich so das fehlende Gewebe neu bilden kann. Auch die dünne Hautschicht der Narbe selbst kann die positiven Effekte der Behandlung nutzen, um wieder so straff und gesund zu werden, wie das umliegende Gewebe.
Etwas bildhafter ausgedrückt, bewirken die feinen Verletzungen durch die Nadeln, dass der Körper glaubt, er sei verletzt und müsse Wunden heilen. Dafür wird die Durchblutung gesteigert, damit die Hautzellen sich regenerieren können. Derselbe Effekt nützt auch am Bart des Mannes, um träge, inaktive oder unterernährte Haarwurzeln wieder zu versorgen und zum Bartwuchs anzuregen. Hierfür wird in der Regel ein Bartroller benutzt, der sich vom herkömmlichen Dermaroller meist nur in den Abmessungen unterscheidet, um auch wirklich überall dorthin zu kommen, wo der Bart wachsen soll.
Wie kann man den Dermaroller zu Hause benutzen?
Zunächst muss gesagt werden, dass der Dermaroller nicht häufiger als maximal einmal pro Woche genutzt werden sollte, besser noch alle zwei Wochen. So hat die Haut die Zeit, die sie braucht um ihre Arbeit zu tun. Eine häufigere Behandlung von Aknenarben oder anderen Narben sollte nicht erfolgen, da sonst die ständige mechanische Belastung der Haut den Gegenteiligen Effekt haben könnte. Die Narben könnten sich bei Überbelastung verhornen. Das kann man mit der Hornhaut an den Fersen vergleichen und sowas will man wirklich nicht im Gesicht haben.
Anfänger sollten einen Dermaroller mit einer Nadellänge von 0,25 mm wählen, höchstens 0,5 mm. Alles ab 1 mm sollte man den Fachleuten überlassen. Die kurzen Nadeln sind lang genug, um in die Oberhaut zu gelangen, aber immer noch kurz genug, um auch bei dünnen Hautschichten nicht die Lederhaut zu verletzen. So vermeidet man Schmerzen und Blutungen. Vor Beginn jeder Behandlung wird der Dermaroller und die Haut gründlich gereinigt. Der Dermaroller muss jedes Mal desinfiziert werden, bevor er zum Einsatz kommt. Hierzu reicht ein handelsübliches Desinfektionsspray. Die Haut sollte ebenfalls desinfiziert werden, aber auch ein gründliches Waschen mit einer milden Seife kann hier ausreichen.
Der Dermaroller wird nun auf die Haut aufgesetzt und ohne jeden Druck hin und her bewegt, einfach nur rollen, nicht aufdrücken, denn die Haut ist kein Kuchenteig. Für eine gründliche Behandlung wird der Roller je zehnmal in drei Richtungen bewegt: Horizontal, vertikal und diagonal. Also zehnmal hoch und runter, dann absetzen und neu ansetzen, zehnmal links und rechts. Und noch zehnmal quer durchs Bild. Sollten Hautirritationen auftreten, wird die Behandlung abgebrochen, dann sollte ein Fachkosmetiker oder ein Hautarzt zu Rate gezogen werden.
Nach Abschluss der Behandlung wird die Haut mit einer reichhaltigen Pflegecreme versorgt, damit sie nicht nur von innen, sondern auch gleich von außen alle Nährstoffe für die Regeneration der Haut hat.
Vergleich vorher nachher
Wer sofortige Ergebnisse erwartet, wird leider enttäuscht. Es ist aber durchaus möglich, bereits ein bis zwei Wochen nach der ersten Behandlung eine sichtbare Besserung der Narben festzustellen. Auch tiefere Narben können flacher und blasser werden.
Der Unterschied kommt daher, dass das Narbengewebe eingestochen wird und in den Einstichstellen sich statt Narbengewebe nun ganz normales Hautgewebe bildet. Die zu heilenden Wunden sind kleiner, als die ursprüngliche und flacher, als beispielsweise die Einschmelzung bei Akne, sodass der Körper die Wunden mit der ganz normalen Zellteilung des Epithelgewebes wieder verschließen kann. So werden Narben nicht nur geglättet oder aufgefüllt, sondern im Endeffekt tatsächlich geheilt. Ob es zu einer vollständigen Heilung kommt, hängt natürlich immer von vielen Faktoren ab und kann nicht garantiert werden, gerade sehr kleine Narben verschwinden oft für immer.